Der Projektbericht im Studium

Vergiss diese drei Dinge nicht

Wenn du das grundsätzliche Muster kennst, das einen Projektbericht im Studium ausmacht, hast du den Schlüssel zu einer guten Note praktisch in der Hand.
Als Lektorin sehe ich allerdings drei Dinge, die oft den Unterschied zwischen einer guten und einer sehr guten Note beim Projektbericht ausmachen. Häufig werden sie vergessen, obwohl sie so einfach umzusetzen sind.

 

Inhalt

Wörter, die deine Argumente entkräften
Unterkapitel hassen Einsamkeit
Ziel verfehlt? Nutze auch das für dich

 

Ich bewerte einen Projektbericht, indem ich mir vor allem drei Dinge ansehe:

  • Wortwahl
  • Struktur    ... und
  • Inhalt

Auf jeder dieser Ebenen gibt es etwas, das vergeigt werden kann. Ich verrate dir die drei typischen Fehler, auf die duale Studenten in diesen drei Ebenen immer wieder reinfallen.

 

Stell dir vor:

Dein Thema ist das Projekt bei deinem Praxispartner, das du selbst durchführst oder sogar leitest:

Der interne Warenfluss soll beschleunigt werden.
In einem früheren Semester hast du etwas von Heijunka gehört. Bei deiner Recherche hat sich dann herausgestellt, dass du dich mal tiefer in dieses Thema einarbeiten solltest, weil dieses Konzept gut zu deiner Aufgabe passt.
Gesagt, getan.
Dann hast du den Warenfluss in deinem Betrieb genau beobachtet und dokumentiert. Mit deinem recherchierten Hintergrundwissen konntest du die Prinzipien deiner Theorie auf die Praxis loslassen. Herausgekommen ist ein lupenreines Konzept für deinen Betrieb, mit dem ihr eure Kunden schneller beliefern könnt.

 

Weil du vieles herausgefunden und dokumentiert hast, solltest du jetzt langsam mit der Schreibarbeit anfangen. Du schaust auf einen Berg von Notizen, Aufzeichnungen und Skizzen und wartest auf die Eingebung für den ersten Satz (wenn du schon Erfahrung damit hast, beginnst du nicht mit der Einleitung.) Du hast dich dazu entschieden, mit der Bestandsaufnahme anzufangen. Du willst also erst einmal den bisherigen Warenfluss in deinem Praxisbetrieb beschreiben. Irgendwann versuchst du es mit einem vorläufigen ersten Satz, und schon bald stehen die ersten Abschnitte deiner Projektarbeit. Du liest sie nochmal durch.

 

 

Wörter, die deine Argumente entkräften

 

Findest du dabei Worte wie „wichtig“, „schlecht“, „langsam“ oder „schwierig“? Sie basieren wahrscheinlich auf deinen persönlichen Eindrücken und hören sich daher wertend an. Sie lassen deinen subjektiven Standpunkt mitschwingen, der in deinem Bericht nicht durchscheinen sollte. Ein überzeugendes Argument arbeitet mit Begriffen, die sich eindeutig (also objektiv) nachprüfen lassen. Ersetze deswegen z. B. „wichtig“ durch „relevant“, „grundlegend“ oder „essenziell“. „Schlecht“ kann zu „mangelhaft“, „ungeeignet“ oder „nachteilig“ werden. Anstatt „langsam“ kannst du „zeitintensiv“ oder „zeitaufwendig“ schreiben. Ein „schwieriges“ Problem nennst du besser „komplex“ oder „fehleranfällig“.
Unterm Strich besteht ein Projektbericht fast ausschließlich aus Wörtern. Es hängt also einiges davon ab, welchen Worten du erlaubst, deine Gedanken auszudrücken, wie du sie anordnest und mit welcher Aussage du sie versiehst. Wenn du diese Filter für dich nutzen kannst, bekommst du einen Text, der sicherlich eines nicht ist: ausdruckslos.

 

 

Unterkapitel hassen Einsamkeit


Jetzt hast du schon einige Abschnitte zu Papier gebracht und deine Arbeit beginnt langsam, eine Richtung erkennen zu lassen. Du strukturierst deine Überschriften und überlegst, welche Punkte zusammengehören. Dabei entstehen im Bestfall Oberkapitel und Unterkapitel, die du dir schon mal von Word automatisch zu einer Gliederung zusammenstellen lässt. Jetzt bringt dich jeder Absatz ein Schrittchen näher an dein Ziel. Ehrlicherweise macht dir die Schreibarbeit ein bisschen Spaß, aber trotzdem freust du dich darauf, bald fertig zu sein. Während du dich durch Kapitel um Kapitel schreibst, ändert sich hier und dort noch etwas an der Gliederung. Und endlich ist es so weit. Du feierst dich, wie du mit Pathos den Schlusspunkt hinter deinen letzten Satz setzt. Du vergisst auch nicht, deine Gliederung zu aktualisieren und nochmal einen Blick darauf zu werfen. Dir fällt auf, dass ein Oberkapitel heraussticht. Es ist relativ kurz und hat nur ein Unterkapitel. Und genau das solltest du bei der Strukturierung deiner Projektarbeit vermeiden. Ein Oberkapitel fasst immer mindestens zwei Aspekte zusammen. Es darf somit kein alleinstehendes Unterkapitel enthalten. Konkret gesprochen: ohne 1.2 kein 1.1! Ein so unnötiger Fehler führt nicht selten zu direktem Punktabzug und outet dich sofort als Neuling in Sachen wissenschaftliches Arbeiten.

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Ziel verfehlt? Nutze auch das für dich.


Auf der inhaltlichen Ebene lauert ein weiterer Fehler, der dich unnötigerweise wertvolle Punkte kosten kann.
Wenn man im dualen Studium sein erstes wichtiges Projekt im Partnerunternehmen übernimmt, ist der Anspruch an einen selbst meistens immens. Man will, dass alles nach Plan läuft, und ist peinlich darauf bedacht, die eigenen Meilensteine nicht zu gefährden.
Was aber, wenn doch etwas schiefgeht? Die Kollegen vergessen Absprachen oder verpassen Deadlines, der Chef hat kein Ohr für die niederen Belange eines blutigen Anfängers, du bekommst keinen Zugang zu wichtigen Dateien oder es zeichnet sich ab, dass dein Lösungsansatz nicht in der Kürze der Zeit oder mit dem limitierten Budget durchführbar ist …
Kurze Antwort: Nutze diese Erkenntnisse! Zeige, dass du etwas aus diesen Hürden gelernt hast. Analysiere und beschreibe deutlich, an welchen Stellen das Projekt herausfordernd war und warum genau diese Planänderungen notwendig waren. Davon ausgehend solltest du erklären, warum dein Projekt trotz allem sinnvoll war und wie du in Zukunft mit Problemen dieser Art umgehst. Wichtig: Achte dabei darauf, dein Partnerunternehmen nicht in ein schlechtes Licht zu rücken, selbst wenn du die Wurzel des Problems dort siehst.
Oft wird versucht, falsche Annahmen oder schlechte Ausgangsbedingungen im Projektbericht nach Möglichkeit zu kaschieren, immerhin will man ja ernstgenommen werden. Was viele aber nicht wissen: eine gesunde Reflexion über das gesamte Projekt hinweg, die das vorhandene Umfeld ohne Wertung anerkennt, ist ein wesentlicher Bestandteil des Lernprozesses, den du in deinem Projektbericht festhältst.
Merke dir: Solange du deine Entscheidungen und Gedanken hinter einer Planabweichung oder Zielverfehlung sachlich begründen kannst, wirst du nicht negativer bewertet werden, als wenn dein Projekt das ursprünglich anvisierte Ziel erreicht hätte.
Übrigens: Wenn du dich im Kolloquium in Widersprüche verstrickst, weil du Probleme in deinem Projektbericht bewusst nicht angesprochen hast, ist der glänzende Eindruck deines vermeintlich makellosen Projektablaufs ohnehin schnell verflogen. Bleibe also ehrlich und vor allem objektiv.

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Professional Anna Moscagiuri





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